600 km Wiedlisbach - Bericht von Jens Winter

Radfernfahrt Wiedlisbach-Bodensee-Bern, 30.06.-01.07.2006

606 km, 4600 HM
25:58 h Bruttofahrzeit (relevant für die Plazierung)
21:40 h Nettofahrzeit
17. von 115 Randonneuren

Start zu der Radfernfahrt war für Randonneure am Freitag zwischen 6:00-12:00 Uhr möglich. Ich entschied mich gegen 7:30 loszufahren, um nicht zu früh an den ersten Kontrollen zu sein, welche ebenfalls zu bestimmten Zeiten offen waren.
Besonderheit diesmal, ich hatte kein Betreuerfahrzeug. Es ist nunmal nicht ganz einfach jemanden zu finden, der für die Betreuung einen Tag Urlaub opfern kann oder will. So ging ich das ganze wie eine längere Radtouristikfahrt an.

Unmittelbar nach dem Start schloß ich mich zwei Schweizern an. Wir radelten bei allerbestem Wetter Richtung Hauenstein, der ersten Steigung bei Kilometer 20. Über einige weitere kleinere Wellen erreichten wir den Rhein und wenig später die erste Kontrolle nach knapp 100 km in Koblenz.

Unser Leistungsvermögen hamonierte, daher fuhren wir gemeinsam weiter Richtung Deutschland. Das Steinatal nahmen wir in ruhigem Tempo, so daß immer noch ausreichend Luft für eine lockere Unterhaltung war. Die Zeit und die Kilometer vergingen wie im Flug, die schöne Landschaft und der Sonnenschein taten das ihre dazu. Nachdem wir einige vor uns gestartete Teilnehmer überholt hatten, erreichten wir Ewattingen im Schwarzwald.

Nach der Kontrolle ging es für gut 50 km in leichtem Auf und Ab wieder Richtung Schweiz. Allerdings war hierbei eine Steigung schwerer als erwartet. Bei etwa 15 % mußte ich einigermaßen stark drücken, um diese zu bezwingen. Glücklicherweise sollte dies aber auch schon der steilste Abschnitt der Rundfahrt gewesen sein. Dafür frischte der Ostwind auf und erschwerte uns das Vorwärtskommen zum nächsten Kontrollpunkt in Ramsen.

Das anschließende flache Teilstück nach Arbon am Bodensee wollten meine zwei Begleiter und ich zügig hinter uns bringen, doch der mittlerweile sehr starke Wind machte uns zu schaffen. Glücklicherweise waren wir auch nach über 200 km immer noch ähnlich stark und konnten uns in der Führungsarbeit sehr gut ablösen.

Auf der Etappe nach Sargans verließ der Streckenverlauf erneut die Schweiz, diesmal nach Österreich. Von nun an sollte der Wind sein Gutes haben, er schob uns Richtung Lichtenstein. Die mittlerweile untergehende Sonne und das Bergpanorama waren wunderschön anzusehen und ich fühlte mich nach 300 km immer noch sehr gut. Bisher hatte ich keine akuten Beschwerden und der Puls war immer auf niedrigem Niveau.

In der Dämmerung erreichten wir Sargans und es hieß es Abschied nehmen von meinen Begleitern der erste 340 km. Patrick Tarnutzer und Sandro Florin verweilten hier für eine längere Pause.
Meine Auszeit beschränkte sich auf Essen und Umziehen. Glücklicherweise hatte es vom Veranstalter einen Gepäcktransportservice nach Sargans gegeben.

Es war noch herrlich warm und sternenklar als ich nach der Pause alleine losfuhr, so macht Radfahren Spaß! Der folgende Kerenzerberg war nicht sehr schwer, eher etwas länger. Seltsam war die Steigung nicht deutlich zu sehen, aber am Tretwiderstand zu spüren.
Da ich auf der Abfahrt mit meiner kleinen Leuchte nicht sehr viel sah, fuhr ich sehr vorsichtig und wurde von zwei Fahrern überholt, die ihr Betreuerauto mit Aufblendlicht hinter sich fahren hatten. Diese Gelegenheit nutze ich und fuhr mit Ihnen bis Pfäffikon mit. Das half mir auch mich zurechtzufinden, denn erstmalig war die Strecke an einigen Abzweigen nicht eindeutig ausgeschildert. Bis auf beginnende Sitzbeschwerden fühlte ich mich immer noch sehr gut.

An der Kontrolle in Pfäffikon hielt ich nur sehr kurz, denn es ging direkt danach über den nächsten Anstieg, den ich in ruhigem Tempo bewältigte. Auf dem Flachstück nach dem Sattel wurde ich von einer kleinen Gruppe aufgefahren, der ich mich anschloß. Es war ganz hilfreich ein Hinterrad zu haben, denn zum erstenmal spürte ich eine leichte Schwäche.

An der nächste Kontrolle in Emmenbrücke gönnte ich mir einige Extraminuten Pause, um in Ruhe essen zu können. Ich fühlte mich ziemlich leer. Selbst die ersten Anzeichen des neuen Tages, Vogelgezwitscher und Silberstreif am östlichen Horizont, halfen nicht. Direkt nach der Kontrolle war ein Anstieg zu bewältigen, den ich alleine fuhr. Eine überholende Gruppe war mir zu schnell, ich wollte und mußte meinen Rhythmus fahren.
Da es nicht besser wurde und ich extrem Müde war, legte ich eine 20minütige Schlafpause ein, die mir neuen Schub gab. Das Reststück nach Affoltern war, mit der nun endlich aufgegangenen Sonne und dem herrlichen Panorama der schneebedeckten Berge in der Ferne, schnell bewältigt.

Am Kontrollpunkt Affoltern traf ich Thomas Ratschob und einen seiner Betreuer, radsport-forum.de Mitglied Volker. Kurz nach der Verpflegung überholten mich drei um 13:00 Uhr gestartete Elitefahrer, darunter Hanspeter Meier. Da ich bis auf mein Sitzproblem nun wieder voll fit war, fuhr ich mit. Wir wechselten gleichmäßig durch und hatten sehr schnell den letzten Kontrollpunkt in Bern erreicht.

Der wieder einsetztende Wind machte die letzten Kilometer bis Wiedlisbach nicht einfach. Selber war ich ein bischen verwundert das ich mit den Dreien nach über 24 h die letzten 70 km nicht nur mitfuhr, sondern auch meinen Anteil an der Führungsarbeit leisten konnte. Wir überholten einige Fahrer, die mich im Morgengrauen passiert hatten. Gegen 9:30 Uhr waren wir im Ziel und ich hatte meine Vorgabe unter 26 h zu bleiben erreicht.